1 Einleitung oder „Gefangen in der Freiheit, (fast) alles zu tun“

Der Titel des Projekts  „Im Feuerwerden“ eröffnet viele Perspektiven. Feuer ist ein künstlerisches Medium, welches sich bei der Beschäftigung mit der Kunstgeschichte als „Dauerbrenner“(1) erweist.
Warum ist das so? Ein Erklärungsansatz bietet folgende Aussage: „Das Feuer als Flamme genommen, gilt in uns immer als ein Symbol des Lebendigen, es ist immer in Bewegung, es flackert und es glüht, es ist reines Sichverzehren, es ist ruhelos, es spendet Licht und Wärme und vernichtet und zerstört; es ist dies alles in eins“(2). Dieses „Alles-in-eins-Sein“ bietet viel Spielraum für künstlerische Arbeit. Allerdings liegt in der damit verbundenen Freiheit beinahe „alles tun zu können“ gleichzeitig die größte Schwierigkeit in der Auseinandersetzung mit diesem Medium. Neben fundierten (sicherheits-)technischen Kenntnissen sind auch theoretische Kenntnisse des Mediums notwendig, um die Auswirkungen auf den Rezipienten zu erahnen, denn sobald sich „ein Gefühl in die Sphäre des Feuers erhebt, sobald es sich in äußerster Intensität in einer Metaphysik des Feuers darbietet, kann man sicher sein, dass seine inneren Widersprüche sich häufen. Dann will das liebende Wesen rein sein und glühend, einzig und universell, dramatisch und treu, augenblicksbezogen und unvergänglich.“(3).

Als Künstler sehe ich mich daher in einer Position, in der ich vorerst ein eigenes Verhältnis zum Feuer auf theoretischer wie auch praktischer Ebene aufbauen muss. Die Schilderung meiner Erkenntnisse und experimentellen Erfahrungen sind Grundlage dafür, dass der Rezipient in die Lage versetzt wird, meinen Weg im Prozess der „Feuerwerdung“ nachzuvollziehen. Die künstlerisch ausgeführten Arbeiten stellen schließlich das Resultat, wie auch die Dokumentation dieses Prozesses dar. Das künstlerische Projekt der „Feuerwerdung“ (d.h. Theorie und künstlerische Arbeit) muss somit als ein Ganzes wahrgenommen werden, auch wenn das Hauptziel die „rein künstlerische“ Auseinandersetzung ist, die letztlich in einer anschließenden Ausstellung so präsentiert wurde, dass dieser Zusammenhang deutlich wird. Auf den folgenden Seiten werde ich deshalb folgenden Fragen nachgehen:

  1. Frage: Was findet mein “liebendes” Wesen in der Gestalt des Feuers bzw. in dem Prozess der „Feuerwerdung“? (theoretische und praktische Exkurse, Aneignungsprozesse des Mediums)
  2. Frage: Wie dokumentiere ich die „Feuerwerdung“? (Öffnung des inneren Prozesses nach außen)
  3. Frage: Wie setze ich etwas mit dem Medium Feuer künstlerisch um? (Auswirkungen der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Medium)
Quellen:
(1) Karawahn, K. : „Sind Sie denn verrückt geworden?“, in: Busch, B.; Goldammer, J.G.; Denk, A (Hrsg.): „Feuer“, Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, Bonn, 2001, S. 476
(2) Fink, E.: „Grundfragen der antiken Philosophie“, Würzburg, 1985, S. 117
(3) Bachelard, G.: „Psychoanalyse des Feuers“, München, 1985, S. 145